Mehr Beteiligung für den Nachwuchs

(18.02.2019)  Seit dem 30. Juni 2018 sind die Kommunen dazu verpflichtet, Kinder und Jugendliche an allen sie berührenden Gemeindeangelegenheiten zu beteiligen. So schreibt es der neue Paragraf 18a der Brandenburger Kommunalverfassung gesetzlich vor. Wie dies in Birkenwerder und Hohen Neuendorf in Zukunft noch besser gelingen kann, darüber haben am 16. Februar mehr als 50 Teilnehmer aller Altersstufen diskutiert.

Der Boden im Gemeinschaftsraum des Kinder- und Jugendfreizeithauses CORN in Birkenwerder glich einer überdimensionalen Grafik mit vielen Textfeldern und bunten Linien. Was klappt gut, was muss noch verbessert werden hinsichtlich der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen? Morgens um 9.30 Uhr trudelten die ersten interessierten Teilnehmer des Fachtages ein – darunter Schüler, Schulsozialarbeiter und Leiter von Jugendeinrichtungen.

Mitarbeiter im Fachkreis Kinder- und Jugendarbeit Hohen Neuendorf und Birkenwerder, des Kreisjugendringes Oberhavel und des Kompetenzzentrums Kinder- und Jugendbeteiligung Brandenburg waren ebenso vor Ort, wie Gemeindevertreter und Stadtverordnete sowie die Bürgermeister Stephan Zimniok (Birkenwerder) und Steffen Apelt (Hohen Neuendorf). Diese bekundeten großes Interesse an dem Thema und motivierten die Gäste zur Ideenfindung. Als eine derjenigen, die das Gesetz mit verabschiedet haben, war die SPD-Landtagsabgeordnete Inka Gossmann-Reetz zu Gast. „Es ist spannend, wie Demokratie mit Kindern zusammen gelebt werden kann“, erklärte die Politikerin.

Am Ende wurden verbindliche Ziele formuliert

Mit der Stärkung ihrer Beteiligungsrechte sollen Kinder und Jugendliche ihre Interessen überall selbstbestimmt einbringen und vertreten dürfen. Und sie können direkt erfahren, wie Demokratie funktioniert. Andrea Petersen von der Potsdamer Fachstelle
Kinder- und Jugendbeteiligung Brandenburg sieht dies als großen Erfolg. Mit Erfahrung und Know-How unterstützt sie Kommunen in der Umsetzung des Gesetzes. Von den Kindern aus Birkenwerder und Hohen Neuendorf zeigte sie sich an diesem Sonnabend
beeindruckt: „Ich bin erstaunt, wie eloquent die Kinder sind“, betonte sie.

In vier Gruppen legten die Teilnehmer schließlich verbindliche Beteiligungsstrukturen fest. Dazu gehören:

■ Um den Druck und die Belastung für Schüler (viele Hausaufgaben, wenig Freizeit) zu reduzieren, soll dieses Thema mit speziellen Projekten in die Schulen getragen werden.

■ Für Kinder, speziell Grundschüler, soll ein sogenanntes Beteiligungsbüro etabliert werden, das Fragen und Wünsche entgegen nimmt. Weitere Ideen sind ein Kinder- und Jugendrathaus sowie ein mobiler Bus, der ebenfalls Wünsche und Ideen einsammelt – zum Beispiel auf Schulhöfen.

■ Jugendliche möchten mithilfe von Experten und mit finanzieller Unterstützung der Verwaltung eine Smartphone-App entwickeln, die einerseits zum Vernetzen zwischen Jugendlichen, Politik und Verwaltung dient und andererseits die aktuellen Freizeitangebote in Jugendclubs, Vereinen oder typischen Treffpunkten, wie Sport- oder Spielplätzen, übersichtlich darstellt.

■ Wichtig ist die Verwendung einer einfachen, für alle Altersgruppen verständlichen Sprache, um die Hemmschwelle der Beteiligung zu senken.

■ Die offizielle Gründung eines Jugendbeirates in der Stadt Hohen Neuendorf soll noch vor den Sommerferien erfolgen. Die Stadtverordnetenversammlung muss dafür ihre Zustimmung geben.

Jugendbeirat Hohen Neuendorf in Planung

„Meiner Ansicht nach war der Fachtag ein sehr produktives Treffen“, resümierte Laura Neumann vom Jugendbeirat Birkenwerder. „Ich freue mich, dass es nun auch in Hohen Neuendorf bald offiziell einen Jugendbeirat geben soll.“ Oliver Bluhm, einst Schüler der Regine-Hildebrandt-Schule und heute Student der Sozialen Arbeit, erntete Applaus für sein Fazit: „Es geht nicht darum, dass Kindern und Jugendlichen ab sofort alle Wünsche erfüllt werden sollen. Natürlich gibt es Grenzen. Aber es müssen zumindest
Möglichkeiten geschaffen werden, um Wünsche zu äußern. Und wenn Kinder träumen und ihre Fantasie spielen lassen, entstehen vielleicht kreative Zwischenlösungen“, erklärte der 20-Jährige. (Text/Foto: Wiebke Wollek)