Stolpe

Viele Wege führen nach Stolpe. Von Birkenwerder und Hohen Neuendorf, von Frohnau, Hohenschöpping und Hennigsdorf. Und all diese Wege sind reizvoll, wie das stille Dörfchen selbst ein ländliches Idyll vor den Toren der großen Stadt ist. So beginnt am 28. Juni 1930 ein Dorfporträt in den Nordbahn-Nachrichten.
Zwischen diesen Zeilen und der Entstehung von Stolpe als typisches Angerdorf liegen ungefähr 700 Jahre, in denen das kleine Dörflein zeitweilig mit den Großen der Geschichte verbunden war. Etwa ein halbes Jahrhundert vor der ersten urkundlichen Erwähnung von Stolpe im Jahre 1355 existierte bereits die in traditioneller Bauweise der Mark Brandenburg errichtete Feldsteinkirche. Für fast dreihundert Jahre ist das Schicksal des Dorfes seit 1350 eng mit der Familie Hoppenrade und deren Rittergutbesitz verbunden. Doch der 30-jährige Krieg forderte auch hier seinen Tribut und löschte das Geschlecht der Hoppenrades aus. Ein Teil des Besitztums fällt 1648 an den Landesherren, den Großen Kurfürsten.

Dieser schenkte das Gut 1654 seiner Gemahlin Luise Henriette von Oranien, die dafür sorgte dass die durch Erbteilung, Verschuldung und den Krieg daniederliegende Wirtschaft wieder in Schwung kam. So ließ sie unter anderem eine Meierei nach holländischem Muster und ein Brauhaus errichten.
Nach mehreren Besitzern erwarb Friedrich Wilhelm von Pannwitz 1759 das Gut für 67000 Taler, was sich als Segen für den Gutsbesitz, zu dem auch Schönfließ und Glienicke gehörten, erwies. Er war es, der aus Stolpe mit Ziegelei, Teerofen, Rassetierzucht, Waldpflege, Kartoffel- und Kleeanbau einen Musterbetrieb machte. 

1822 wird ein Kirchturm an die Kirche gebaut. Auf seiner Spitze über dem barockgeschwungenen Kupferdach trägt er Stern, Kugel und die Preußenkrone. Durch Erbschaft geht das Gut 1825 an die Familie Veltheim. Zu Beginn des vorigen Jahrhunderts erwirbt die Berliner Terrainzentrale hier 745 Hektar Wald. Die Siedlung Frohnau entsteht. 1929 werden noch einmal 20 Hektar Wald besiedelt – das heutige Stolpe-Süd. 1937 verkaufen die von Veltheims das Gut an die Stadt Berlin. Von nun an gehörte der Besitz zu den Berliner Stadtgütern. In der DDR erfolgte eine Umwandlung in ein volkseigenes Gut, das aber nach 1990 wieder an die Hauptstadt zurückgeht. 1991 wird das Volksgut geschlossen.

Im Ergebnis des Zweiten Weltkrieges gehört Stolpe zum französischen Sektor von Berlin. Erst durch einen Gebietsaustausch im Dezember 1948 wird es dem sowjetischen Sektor angegliedert. Die kommenden Jahre sind geprägt vom Leben im Grenzgebiet. Der Zugang ist für die Bevölkerung gesperrt. Erst mit der Öffnung der Grenze und dem Abbau der Grenzanlagen 1990 ändert sich das. Das idyllische Dorf wird wieder – wie bereits 1930 in den Nordbahn-Nachrichten beschrieben – für den ruhelosen Großstädter eine traute Heimat schöner Wochenendstunden. Seit Mitte der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts dominiert Sport das Geschehen in Stolpe. Mit dem Bau der Golfanlage Stolper Heide und der Reitanlage sind beste Voraussetzungen für diese sportlichen Betätigungen und Freizeitvergnügungen geschaffen worden. Am 24. März 2002 entscheiden sich die Stolper Bürgerinnen und Bürger in einem Wahlgang für das Zusammengehen mit der Stadt Hohen Neuendorf und bestätigen damit die vorangegangene Entscheidung der Stolper Gemeindevertreter. Die feierliche Unterzeichnung des Eingliederungsvertrages in der Stadtverordnetenversammlung von Hohen Neuendorf am 28. März 2002 macht es amtlich. Stolpe ist seit der Kommunalwahl am 26, Oktober 2003 ein Stadtteil von Hohen Neuendorf.

Prähistorischer Fund

Ein interessanter Fund erregte zu Beginn des vorigen Jahrhunderts die Gemüter der Wissenschaftler: menschliche Skelettknochen in einer Urne, deren Herstellung etwa um das Jahr 800-1000 v. Chr. zu suchen sei. Bis in diese altertümliche Zeit reichen die Aufzeichnungen der Geschichtsschreiber in unserer Region leider nicht und so müssen wir uns heute mit der Lektüre dieses kleinen Artikels im "Briesetal-Boten" vom 20. April 1926 begnügen. Vielleicht weiss ja ein Leser dieser Seite, wo diese menschlichen Überreste ihre letzte Ruhestätte gefunden haben.

Bei den Neubauten, die jetzt von den Pankower Wasserwerken in der Nähe von Stolpe und Hennigsdorf am Großschiffahrtsweg Berlin-Stettin vorgenommen werden, hat man während der Erdaushebungen eine recht interessanten Fund gemacht. Die dortige Gegend hat sich überhaupt bisher in recht erheblichen Maße für den Archäologen als ergiebig in prähistorischen Funden gezeigt. Als 1911 die Pankower Wasserwerke erbaut wurden, wurden zahlreiche Knochen, noch recht gut erhalten, gefunden, die nachweisbar vorsintflutlichen Tieren gehören. Der diesmalige Fund, der vor einigen Wochen ans Tageslicht geholt wurde, ist vielleicht noch interessanter. Es handelt sich um eine Urne, die vor grauer Vorzeit schon die Erde eingebettet worden ist. Die Voruntersuchungen einiger Archäologen, denen sie zwecks Prüfung vorgelegt wurde, ergaben ein ungefähres Alter von 2700-2900 Jahren. Die Zeit ihrer Herstellung dürfte etwa um das Jahr 800-1000 v. Chr. zu suchen sein. Sie wurde in einer recht geringenTiefe, 1 _ Meter unter der Terrainsohle, aufgefunden und erreichte ziemlich gut erhalten das Tageslicht.

Ihre Form zeugt von einer beachtlich hochentwickelten Kultur. Die Urne besteht aus Ton, an einen breiten, niedrigen Hals schließt sich ein sanft gewölbter Bauch an, der in einen kegelförmig geformten Untersatz übergeht. Bewundernswert an diesem Fund ist die saubere Arbeit, die doch vor einer recht beträchtlichen Zeit geschehen ist. Vollkommene Rundungen, saubere Ausführung sind ihre Hauptbestandteile. Der Grundzug ihres Bildes ist bis heute noch nicht verändert, ist vielmehr manchen heutigen Formen direkt verwandt. In der Erde und im Müll, der das Gefäß anfüllte, befanden sich zahlreiche Knochensplitter, auch ein Zahn, der besonders gut erhalten ist. Ein Arzt, dem diese Reste vorgelegt wurden, stellte sie einwandfrei als zu einem menschlichen Skelett zugehörig fest. 

Dieses wertvolle Ueberbleibsel aus grauer Vorzeit, das durch drei Jahrtausende fast von unseren Vorfahren auf uns überkommen ist, wird vorläufig sorgfältig von der Leitung der Werke verwahrt. Es soll der Geologischen Landesanstalt überwiesen werden zwecks näherer Untersuchung und wird später einen Platz in einem Museum einnehmen.

Zeittafel

um 1230 Dorf Stolpe als Angerdorf angelegt.

um 1300 Feldsteinkirche in traditioneller Bauweise der Mark Brandenburg.

seit ca. 1350 Rittergutsbesitz der Familie Hoppenrade

1355 Stolpe wurde erstmalig urkundlich erwähnt: "Der Berliner Bürger Dietrich Kämpen wird mit der Bede (Abgaben, Steuern) und dem Wagendienst von 32 Hufen (ca. 240 ha) von Stolpe belehnt."

1375 Im "Landbuch der Kurmark Brandenburg" zur Zeit Kaiser Karl IV wird für Stolpe neben der Kirche noch eine Krugwirtschaft genannt. Stolpe gehört der Familie von Hoppenrade, die ihre Herrschaft über einen Zeitraum von fast 300 Jahren aufrecht erhalten hat. Nach dem 30-jährigen Krieg war das Geschlecht der Hoppenrader ausgestorben. Ein Teil des Besitztums fällt 1648 an den Landesherren, den Großen Kurfürsten.

1654 Der Große Kurfürst schenkt das Gut seiner Gemahlin Luise Henriette. Sie sorgte dafür, dass die durch Erbteilungen, Verschuldungen und den Krieg daniederliegende Wirtschaft wieder in Gang kam, ließ u.a. eine Meierei nach holländischem Muster und ein Brauhaus errichten. Über den Hofprediger Ursinus von Bär und Anthon von Pannwitz gelangte der Besitz für 60 Jahre an die Familie von Platen.

1759 Friedrich Wilhelm von Pannwitz erwarb das Gut für 67 000 Taler. Er war es, der aus Stolpe mit Ziegelei, Teerofen, Rassetierzucht, Waldpflege, Kartoffel- und Kleeanbau einen Musterbetrieb machte. Schönfließ und Stolpe gehören mit Glienicke zu einem Gutsbesitz.

1806 Napoleon bezog nach Überlieferungen Quartier im Rittergut Stolpe.

1822 Anbau des Kirchturms. Auf seiner Spitze über dem barockgeschwungenen Kupferdach trägt er Stern, Kugel und die Preußenkrone.

1825 Durch Erbschaft geht das Gut an die Familie Veltheim.

1909 745 Hektar Wald gehen in den Besitz der Berliner Terrainzentrale über. Es entsteht die Siedlung Frohnau.

1929 An der Grenze zu Heiligensee werden noch einmal etwa 20 Hektar Wald besiedelt. Es entsteht Stolpe-Süd.

1937 Die von Veltheims verkaufen das Gut an die Stadt Berlin. Von nun an gehörte der Besitz zu den Berliner Stadtgütern. In der DDR erfolgte eine Umwandlung in ein volkseigenes Gut. Nach 1990 hat die Hauptstadt es zurückbekommen.

1946-48 Stolpe gehört zum französischen Sektor von Berlin. Gebietsaustausch an die russische Besatzung im Dezember 1948. 

1961-89 Stolper Flur ist Grenzgebiet. Der Zugang ist für die Bevölkerung gesperrt.

1990 Öffnung der Grenze, Abbau der Grenzanlagen

1991 Das Volksgut wird geschlossen.

1995-1998 Bau der Golfanlage Stolper Heide und Bau der Reitanlage.

1997 Am 7. Juli 1997 beschließt der Landtag das Siebente Gesetz zur Gemeindegliederung im Land Brandenburg. In ihm heißt es u.a.: „(1) Die Gemeinden Stolpe und Stolpe-Süd sind Nachfolgegemeinden der auf der Gemarkung Stolpe, Landkreis Oberhavel, ehemals bestehenden einheitlichen Gemeinde. Zwischen beiden Gemeinden wird das Gebiet der Gemarkung Stolpe aufgeteilt ... (2) Zur Gemeinde Stolpe gehört das Gebiet der Gemarkung Stolpe östlich der in Absatz 1 festgelegten Grenze einschließlich der Flurstücke der Bundesautobahn A 111.“ (GVGL.I/97 S. 84)

2002 Am 24. März 2002 entscheiden sich die Stolper Bürgerinnen und Bürger in einem Wahlgang für das Zusammengehen mit der Stadt Hohen Neuendorf und bestätigen damit die Entscheidung der Stolper Gemeindevertreter. Mit der feierlichen Unterzeichnung des Eingliederungsvertrages in der Stadtverordnetenversammlung von Hohen Neuendorf am 28. März 2002 wurde es amtlich. Stolpe wird ein Stadtteil von Hohen Neuendorf.

2003 Nach der Kommunalwahl am 26. Oktober 2003 ist Stolpe ein Stadtteil von Hohen Neuendorf.