30 Jahre Mauerfall in Hohen Neuendorf
(9. November 2019) Die Schranken und Grenzen sind offen: Rund 300 Menschen folgten am Samstag der Einladung der Stadtverwaltung Hohen Neuendorf und der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald an den ehemaligen Grenzturm in Bergfelde.
Eine friedliche Revolution und ein neues Image der Deutschen
Bürgermeister Steffen Apelt würdigte in seiner Ansprache den Mut der Demonstranten von 1989, die diese Mauer zum Einsturz gebracht hatten sowie die Aufbauleistungen der Nachwendejahre. Gleichzeitig appellierte er an die junge Generation, ihre Zukunft ebenso in die Hand zu nehmen, allerdings im Gewahrsein, dass diese Freiheit, in Frieden, Wohlstand und Meinungsfreiheit aufgewachsen zu sein, von ihren Eltern und Großeltern erkämpft worden sei. Als sichtbares Zeichen der offenen Grenzen waren die Amtskolleg_innen Steffen Apelts aus den Partnerstädten Müllheim in Baden, Fürstenau in Niedersachsen und Bergerac in Frankreich an die "Schnittstelle zwischen Ost und West" nach Hohen Neuendorf angereist, wie es Bürgermeister Apelt nannte. Heute sei diese frühere Grenze weniger sicht-, als manchmal im innerdeutschen Dialog noch spürbar. "Dass Deutschland heute in der Welt hochgeachtet ist und als friedliebend gilt, ist auch ein Verdienst der Wende - die Deutschen marschierten und rissen die Mauern friedlich ein. Diese Bilder eines vor Freude über Freiheit und Demokratie weinenden Volkes, haben den Deutschen international ein humanes Gesicht zurückgegeben."
So unfassbar glücklich
Der ehemalige Bezirksbürgermeister von Reinickendorf, Detlef Dzembritzki, war der Einladung ebenfalls gefolgt und rief den Besuchern in einem Grußwort leidenschaftlich zu, sich undemokratischen Tendenzen im Land entgegenzustellen und die Freiheit, Demokratie und das Erreichte nicht nur zu verteidigen, sondern auch künftig dafür einzustehen. Er erinnerte sich vor allem, "dass die Menschen damals so unfassbar glücklich waren".
Ort der Trennung wird zum Ort der Begegnung
Der Vorsitzende der des Oberhaveler Regionalverbandes der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, Dirk Hartung, freute sich insbesondere, dass aus dem Ort des bewussten Trennens am Grenzturm auf dem Mauerstreifen heute ein Ort des Zusammenkommens geworden sei. Obwohl sich der Verein vorrangig dem Naturschutz widme, sei sich der 350 Mitglieder starke Verein der geschichtlichen Verantwortung dieses Ortes bewusst sei und daher nicht nur kräftig in den baulichen Erhalt des Turmes, sondern auch in Ausstellungsmaterialien investiert habe. Anschließend eröffneten die Honoratioren daher gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern des Marie Curie Gymnasiums eine neue Dauerausstellung zur Mauergeschichte, die die Schüler_innen mit ihrem Geschichtslehrer Dietrich Böwe durch Zeitzeugenbefragungen und mit der Gedenkstätte Berliner Mauer sowie der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald erarbeitet und aufgebaut hatten. Die Ausstellung ist permanent geöffnet und unmittelbar am sog. Berliner Mauerweg gelegen.
Gänsehautmoment: Die Gedanken sind frei
Musikalisch entstand ein Gänsehautmoment als alle Gäste gemeinsam „Die Gedanken sind frei“ zu einem an diesem Tag uraufgeführten Bläsersatz von Manfred Schlenker sangen. Es spielten die Posaunenchöre von Hohen Neuendorf und Bergfelde unter der Leitung von Christian Ohly. Ebenso bewegend waren die Lesungen des bekannten Schauspielers und Synchronsprechers Michael Pan und der spontane Liedbeitrag eines Schönebergers, der ein selbstgeschriebenes Lied über die vergangene Mauer vortrug.
Die Müllheimer Bürgermeisterin Astrid Siemes-Knoblich verband formal ihren Abschiedsbesuch mit der Einladung. Sie scheidet aus dem Amt aus, nachdem sie nicht zur Wiederwahl angetreten war. Persönlich wird sie Hohen Neuendorf allerdings die Freundschaft halten.