Stele zur Erinnerung an den Borgsdorfer Gartenbau
(21.09.2016) Die Geschichte der Borgsdorfer Nelkenzucht beginnt mit der Gründung der Gärtnerei 1904 durch den Oberschlesier Curt Moll. Die Spezialisierung auf Nelken verhilft der Gärtnerei zu weltweiter Beachtung und Borgsdorf zu einer Nelke im Wappen. Bis nach Amerika werden die Nelken verkauft. Moll ist Mitglied der NSDAP und richtet sich nach dem Krieg selbst – vielleicht, um einer Verurteilung als Kriegsverbrecher zu entgehen.
Enteignung des Betriebs und Umwandlung in Siedlungsfläche
Heute ist es aus offiziellen Dokumenten nicht abschließend zu klären, ob in der Gärtnerei Zwangsarbeiter beschäftigt wurden. Gleichwohl wird das Gelände der Familie Moll nach dem Erlass Nr. 124 der Sowjetischen Militäradministration beschlagnahmt, der die Enteignung von Kriegsverbrechern regelte. Somit wird die Gärtnerei volkseigen. 1989 hat der VEG Gartenbau Berlin 120 Angestellte und ist der größte Schnittblumenbetrieb der DDR. Die Stückzahlen der Blumenproduktion erhöhen sich von 1,3 Millionen (1968), über 4,2 (1976) auf 8,7 Millionen Nelken (1989). 1993, nach Abwicklung des Betriebes, beginnt durch weitsichtige Stadtverordnete die Umwandlung in eine Siedlungsfläche. Heute leben auf dem Gelände des ehemaligen Gartenbaubetriebes 2.500 Menschen in einer völlig neuen Siedlung.
Zweite Erinnerungs- und Informationsstele nach Konzept
Diese erste Informationsstele im Stadtgebiet Borgsdorf enthüllten Stadtverordnetenvorsteher Dr. Raimund Weiland, Bürgermeister Steffen Apelt und Julia Junghänel vom ausführenden Grafikbüro gewerkdesign aus Berlin gemeinsam mit ehemaligen Mitarbeitern der Gärtnerei und Interessierten am Dienstag unmittelbar im Eingangsbereich des früheren Betriebsgeländes - heute ist es eine Grünanlage, umgeben von Ein- und Zweifamilienhäusern. Diese Stele ist die zweite nach der Erinnerungsstele für den Widerstand im Nationalsozialismus am Bieneninstitut. Die Stelen werden auf der Grundlage eines Erinnerungs- und Informationsstelenkonzeptes entwickelt, das die Stadtverordnetenversammlung beschlossen hatte. Das Konzept unterscheidet zwischen "Erinnerung" - mit einem grau-silbernen Corpus - und "Information" - mit einem Türkiston im Corpus, wie er jetzt in Borgsdorf steht und der sich harmonisch in die Umgebungsgestaltung einfügen soll. Nach und nach sollen weitere Stelen im Stadtgebiet hinzu kommen und an wichtige historische Ereignisse, Menschen und Orte erinnern. "Wer nicht weiß, wo er herkommt, kann die Gegenwart nicht einordnen", betonte Raimund Weiland bei der Einweihung gerade im Hinblick auf die nachwachsenden Generationen. Daraus erwachse nachgerade die Pflicht, Geschichte im Stadtbild sichtbar und erfahrbar zu machen, war er sich mit dem Bürgermeister einig. Steffen Apelt machte deutlich, dass der Text auf einer Stele lediglich Interesse wecken könne. Herzlich dankte er den Historikern des Geschichtskreises und aus Borgsdorf, die viele Informationen und Bildmaterial zusammengetragen hatten: "Ohne Sie wäre diese Arbeit nicht zu leisten gewesen". Auf der Internetseite der Stadt würden diese ausführlicheren Informationen hinterlegt, kündigte Steffen Apelt an.
Technische Gestaltung der Informationsstele
Technisch besteht die Stele im Aufbau aus einem sog. Gabionenkorb aus 8 Millimeter Edelstahl befüllt mit Granitkleinsteinpflaster. Darüber steht die eigentliche Stele als Blechkubus aus 3 Millimeter Edelstahlblech auf Stelzen. Sie wurde im Siebdruckverfahren bedruckt und mit einem Anti-Graffitischutz versehen. Rund herum wurde ebenfalls ein Kleinsteinpflaster verlegt. Die Stele ist 93 Zentimeter hoch und 50 Zentimeter tief sowie 140 Zentimeter breit. Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 15.000 Euro.