"Mit 85 Jahren noch große Partys gefeiert"

(01.02.2016)  Ihren 102. Geburtstag beging Lieselotte Bonke Ende Januar in ihrer kleinen Wohnung im alten Bergfelder "Hofjagdrevier". Noch immer versorgt sich die zweitälteste Einwohnerin Hohen Neuendorfs hier weitgehend selbstständig. Die notwendige Unterstützung erfährt sie durch ihre Nichte Dagmar und deren Mann Detlef. Hatte sie im letzten Jahr noch Presse und Lokalfernsehen empfangen, zog die agile und sympathische alte Dame in diesem Jahr einen kleinen Kreis vor, zu dem auch Hohen Neuendorfs Bürgermeister Klaus-Dieter Hartung gehörte.

Noch immer rege beteiligt sich Lieselotte Bonke an der Unterhaltung und erfreut sich sichtlich der Gesellschaft. Ein geschenktes Buch mit Fotografien vom alten Berliner Stadtkern bot Anlass, über ihre Kindheit in Berlin zu plaudern. "Wir haben am Lützowufer gewohnt. In der Bülowstraße hatte meine Mutter einen kleinen Laden und brachte uns durch, nachdem mein Vater sie und uns fünf Kinder verlassen hatte." Die Mutter fand einen neuen Mann, der beruflich auch im Ausland tätig war. So gelangte schonmal der ein oder andere US-Dollar mit nach Hause, was zu Zeiten der Inflation von unschätzbarem Wert war. "Meine Eltern kauften dann ein Häuschen in Hohen Neuendorf, wo wir hinzogen. Ich liebte Berlin und wollte davon natürlich nichts wissen, aber das hätte ich nicht laut sagen dürfen."

In Hohen Neuendorf verbrachte Lieselotte Bonke ihre Jugend, wurde eingesegnet und heiratete ihren ersten Mann. Der fiel im Krieg und "Lilo" zog mit ihrem zweiten Mann nach Düsseldorf, wo sie 60 Jahre lebte. Erst 2012 kam sie zurück in die alte Heimat. "Meine Freunde in Düsseldorf wollten immer, dass ich sie mit meinem Berlinerisch erfreue und ihnen Alt-Berliner Lieder vorsinge", erinnert sich Lieselotte Bonke noch heute. "Wussten Sie, dass Berlinerisch der einzige deutsche Dialekt ist, der überall verstanden wird? Das fand ich begeisternd. Ich konnte immer so sprechen wie ich wollte" lacht sie.

Nicht nur an ihrem Dialekt war die junge Frau als "Berliner Gewächs" erkennbar. Neben den vielen ausläufigen Parks und den großen Prachtbauten hatte es ihr vor allem das 1945 im Krieg zerstörte Stadtschloss angetan. "In Düsseldorf habe ich alles über das Berliner Schloss gesammelt. Ich bin ganz und gar für den Wiederaufbau und hoffe, dass die alte Fassade wieder errichtet wird." Tatsächlich wurde im Juni 2013 der Grundstein für den Wiederaufbau des ehemaligen Barockgebäudes gelegt, dessen Richtfest im letzten Jahr gefeiert wurde und dessen Eröffnung für 2019 geplant ist.
 
Doch auch mit ihrer kleinen Bergfelder Wohnung ist Lieselotte Bonke zufrieden. Nur die Sonne im Wohnzimmer sei manchmal etwas penetrant. "Vor drei Jahren, als ich noch eine junge Frau war, da hat mich das nicht so gestört." Auch an der Straße zu wohnen, stört sie nicht. "Ich mag es, wenn was los ist." Lediglich die zunehmenden Schwindelanfälle machen ihr etwas zu schaffen.

Nach einer gemütlichen Stunde kündigt Bürgermeister Hartung an, zum nächsten Geburtstag zu müssen, einem 85. "Ach, 85", seufzt die Jubilarin da wehmütig, "da habe ich noch große Partys gefeiert, da war ich noch jung." Man glaubt es ihr ohne weiteres.