Tiefe entsteht aus der Perspektive

Erster Skulpturen-Tausch auf dem Boulevard

(29. April 2019)  "Es ist eine Frage der Perspektive: Was zunächst zweidimensional aussieht, bekommt wesentlich mehr Tiefe, wenn man seine Position verändert". Mit dieser philosophischen Betrachtungsweise begrüßte am Montag der stellvertretende Bürgermeister Alexander Tönnies das neue Kunstwerk "verschränkte Kuben" des Saalower Künstlers Achim Pahle auf dem Skulpturen Boulevard. Seine "große Stele", die bisher das Entree der Hohen Neuendorfer und Birkenwerderer Open Air Kunstmeile gebildet hatte, ging in die Heimat nach Saalow zurück, wo sie schmerzlich vermisst wurde. An ihre Stelle treten wiederum für zwei Jahre die Kuben, eine aus einem Edelstahlband geformte Skulptur aus dem Jahr 1986. Auch wenn sie nur eine Grundfläche von 0,7 mal 0,7 Quadratmetern füllt, misst sie 2,40 Meter in der Breite, 1,47 Meter in der Höhe und nicht mal 40 Zentimeter in der Tiefe bei einem stattlichen Gewicht von viereinhalb Zentnern. "Ich weiß gar nicht, wie ich sie damals im Atelier alleine überhaupt bewegen konnte", erinnert sich Achim Pahle an die Entstehung. Das Atelier verließ das Objekt schließlich durch das Fenster, am Flaschenzug in den Hof.

„Wenn man näher kommt, scheint sich die Form des Objektes zu verändern", schlug Alexander Tönnies den Bogen, "das ist die Idee des Skulpturen Boulevards, der sich auch verändert.“ Nach dem ersten Tausch kündigte er schon die nächste Veränderung an: Am Tag des offenen Ateliers am 4. Mai, wird um 16 Uhr die Skulptur "Aquarius-Turm" vor dem Jugendzentrum Wasserwerk eingeweiht. Der Metallbildhauer Fred Seibt hat es mit den jungen Menschen gemeinsam entwickelt und gestaltet. Kurator Roland Matticzk kündigte unterstützt von den Mitwirkenden des Freundeskreises des Skulpturen Boulevards an, dass zum Kunstfest im August drei weitere Werke getauscht würden. "Der Boulevard ist wirklich ein Ort der Kommuniaktion geworden. Kunst bringt Menschen ins Gespräch, sie muss nicht gefallen, sie soll bewegen". 

Als bewegend erlebten die Anwohner auch die Zerstörung eines Kunstwerkes von Lutz Kommalein. In der Nacht zum Ostersamstag wurden zwei der drei Schieferobjekte abgebrochen. Noch wurden die Täter nicht ermittelt. So verständnislos alle Anwohner, Passanten und die Stadt vor dieser Vandalismus-Tat stehen, so entschlossen sind sie auch, sich nicht entmutigen zu lassen. "Das kann passieren und auch das erzeugt Dialog, wie wir miteinander und mit Kunst in unserer Stadt leben wollen", positioniert sich Alexander Tönnies klar für "unbeeindruckt Weitermachen" auf dem Boulevard. Stadtverordnetenvorsteher Dr. Raimund Weiland sieht den Bedarf für wesentlich mehr Kunst im öffentlichen Raum: "Wir haben auf jeden Fall viel mehr geeignete Plätze als nachher vermutlich Geld", sinniert der Kunstfreund lachend. Er setzt sich im politischen Raum aktiv für die Kulturentwicklung in der Stadt ein, dennoch dürfe die Auswahl von Kunst keinesfalls eine politische Entscheidung sein. "Das hatten wir, das brauchen wir nie wieder!", macht Raimund Weiland dennoch klar.