Gedenklesung für kritische Publizisten

Kulturkreis und Stadt erinnern an Tag der Bücherverbrennung

(03.05.2018)  Mit einer Lesung in der Stadtbibliothek erinnerten der Kulturkreis und die Stadt Hohen Neuendorf an Autoren, deren Werke im Frühjahr 1933 von den Nationalsozialisten öffentlich verbrannt wurden. Die jüdischen, kommunistischen oder einfach nur kritischen Schriftsteller erhielten in den Folgejahren Schreibverbot, wurden verhaftet oder sogar getötet.

Lesung anlässlich des 85. Jahrestags der Bücherverbrennung

Anlässlich des 85. Jahrestags der Bücherverbrennung nahmen die Veranstalter die Schicksale dreier Autoren in den Fokus, die stellvertretend für die verschiedenen Wege, die das Leben kritischer Publizisten im Nationalsozialismus nehmen konnte, stehen:

Erich Kästner flüchtete in die innere Emigration. Seine Aufgabe sah er darin, zu beobachten, zu beschreiben und zu überleben. Nach außen unauffällig, bediente er sich in seinen Werken subversiver Andeutungen, Ironie und Feinsinn.

Das Exil wiederum wählte der gesellschaftskritische Journalist Kurt Tucholsky. Bereits 1924 emigrierte er nach Paris, später nach Schweden. Er schrieb unter verschiedenen Pseudonymen, prangerte die politischen Entwicklungen in Deutschland scharf an und appellierte direkt an die Deutschen, sich zu widersetzen. Als er erkannte, dass dies nichts nützte, verstummte er publizistisch. Tucholsky starb 1935 an einer Überdosis Tabletten.

Ein Artikel über die verbotene Aufrüstung der Reichswehr brachte dem ebenfalls politischen Journalisten und Herausgeber der radikaldemokratischen Wochenzeitschrift „Weltbühne“ Carl von Ossietzky 1931 mehrmonatige Haft ein. Wegen seiner pazifistischen und demokratischen Haltung wurde er 1933 erneut verhaftet, in deutsche Konzentrationslager verschleppt und wiederholt misshandelt. Er starb 1938 in einem Berliner Krankenhaus an den Folgen einer Tuberkulose.

Neuauflage im nächsten Jahr angekündigt

Aus ihren Schriften, Büchern und Gedichten lasen Wilfried Hildebrandt, Ingrid Gabriel, Bernd Wilker, Kathrin Höhne, Horst Helbig und Dorothea Nemitz. Nadja Felscher sang und spielte selbst vertonte Texte der deutsch-jüdischen Dichterin Else Lasker-Schüler am Klavier. Die Waldgrundschülerin Sonja Ohly, Gewinnerin des diesjährigen Kreisausscheids im Vorlesen, las aus einem Kinderbuch Erich Kästners. Veranstaltungsinitiator Andreas Schuckert kündigte eine weitere Auflage der Veranstaltung im kommenden Jahr an.