Drei Stolpersteine gegen das Vergessen

Gunter Demnig verlegt einen Stolperstein für Arthur Magnor.

(02. September 2021)

„Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist“, so heißt es im Talmud, einer wesentlichen Schriftquelle des Judentums. Das Kunstprojekt „Stolpersteine“ greift diesen Sinnspruch auf, indem es die Namen von Opfern des Nationalsozialismus im öffentlichen Raum sichtbar macht und diese damit dem Vergessenwerden entreißt. Am Donnerstag, den 26. August, verlegte der Initiator des Projektes, Gunter Demnig, drei weitere Stolpersteine im Stadtgebiet. Die Verlegung der Steine Nummer acht, neun und zehn organisierten Petra Schmidt und Dr. Dietrich Raetzer vom Geschichtskreis. Unterstützung erhielten sie dabei von der AG Brot und Salz sowie vom Verein Nordbahngemeinden mit Courage.

80.000 Stolpersteine in 27 Ländern

Demnig bedankte sich für die Initiative im Ort, die dazu verhelfe, immer mehr Menschen auf die Gräueltaten des Nazi-Regimes aufmerksam zu machen. „Mittlerweile sind es etwa 80.000 Stolpersteine in 27 Ländern“, so Demnig, für den jede Verlegung in den vergangenen 30 Jahren mit gemischten Gefühlen einhergeht: „Einerseits freue ich mich über jeden Stein. Andererseits bedrücken mich die Schicksale der Menschen hinter den Steinen.“

So das des Widerstandskämpfers Arthur Magnor, dessen Stolperstein sich nun in der Wandlitzer Straße 11, Bergfelde, befindet. Der Schlosser erwarb das Grundstück 1929 und lebte dort mit seiner Frau. Magnor knüpfte durch Betriebskollegen Kontakt zur Widerstandsorganisation Saefkow-Jacob-Bästlein. „Arthur Magnor führte ein Leben im Zeichen des Widerstandes“, stellte Petra Schmidt heraus. Bei seiner Festnahme am 30. August 1944 warf man ihm eine ganze Reihe von Verbrechen vor. Das Todesurteil wurde am 22. Januar 1945 in Brandenburg-Görden vollstreckt.

Zwei jüdische Schicksale

Zwei weitere Stolpersteine verlegte Gunter Demnig anschließend in der Florastraße 5 sowie im Gartenweg 4 in Hohen Neuendorf, wo einst Laura Ullmann beziehungsweise Willy Gerber lebten. Historische Einblicke in diese jüdischen Schicksale gab Dr. Dietrich Raetzer vom Geschichtskreis. „Wir müssen davon ausgehen, dass Laura Ullmann, die hier mit ihrer Schwester ein Textilgeschäft betrieb, ihren Lebensabend in einer feindseligen Umgebung verbrachte. Zwar blieb ihr durch ihren frühen Tod am 12. Mai 1941 die Deportation erspart. Dennoch wurde sie, wie so viele jüdische Menschen im NS-Herrschaftsgebiet, ihrer Rechte beraubt, gesellschaftlich geächtet und damit auch von medizinischer Versorgung ausgeschlossen.“

Über Willy Geber ließ sich weniger herausfinden. Der Sohn eines Bankinhabers wurde 1943 von der Gestapo in Potsdam verhaftet und nach Auschwitz deportiert. „Dort starb er unter den barbarischen Bedingungen“, so Dr. Raetzer.

Geschichte kennen, um Zukunft zu gestalten

Den hohen Wert der Stolpersteinverlegungen für die Stadtgesellschaft beleuchtete der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung, Dr. Raimund Weiland: „Dadurch haben wir die Möglichkeit, die Opfer der NS-Zeit aus ihrer Anonymität herauszuholen und ihnen einen Namen und damit verbunden Persönlichkeit und Würde zu geben. Nur wer seine Geschichte kennt, hat eine solide Grundlage, seine gesellschaftliche Gegenwart zu verstehen und seine Zukunft zu gestalten.“