Aufbruch 1989: Demokratie am Runden Tisch erlernt
(06.11.2019) Der offene Geschichtssonnabend beschäftigte sich am 2. November mit den Runden Tischen und Bürgerdialogen zur Wendezeit in Hohen Neuendorf und im damals selbstständigen Bergfelde.
Schon vor dem Fall der Mauer entstand die Forderung, endlich öffentlich über die drängendsten ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Probleme zu diskutieren. „Wir haben damals alles gelesen, was gedruckt wurde, und gedacht, jetzt ändert sich etwas“, erinnerte sich Wolfgang llte, der zu den Gründungsmitgliedern der SDP in Hohen Neuendorf gehörte. Und so kam es am 2. November zu einem ersten „Bürgergespräch“ in Bergfelde und einem „Rathausgespräch“ in Hohen Neuendorf.
Die Diskussion über die wichtigsten lokalen Themen wurde dann von Januar bis April 1990 an Runden Tischen in beiden Gemeinden geführt. Dort berieten Vertreter der neuen Parteien und der Kirchengemeinden gleichberechtigt, fassten Beschlüsse und bemühten sich um die Beseitigung von Mängeln. Gravierende Umweltschäden durch ortsansässige Industrie und ungeklärte Abwässer kamen dabei ebenso zur Sprache wie Ängste von Mietern und Hausbesitzern. „Am schönsten und völlig neu war für mich die Erfahrung, ein gleichwertiger Gesprächspartner zu sein“, erzählte Beate Wieczorek, die einen Runden Tisch zur Rettung des Bergfelder Kindergartens ins Leben rief. „Alle konnten sagen, was sie dachten, und alle wurden auch gehört.“
Nach der Kommunalwahl im Mai 1990 waren die Runden Tische überflüssig geworden, denn nun gab es eine demokratisch legitimierte Regierung. „Was haben die Runden Tische nun eigentlich gebracht“, fragte Dr. Dietrich Raetzer etwas provozierend die damaligen Moderatoren, Pfarrer Fred Bormeister für Hohen Neuendorf und Pfarrer Matthias Möckel für Bergfelde. Bormeisters Antwort: „Sie waren eine vertrauensbildende Maßnahme. Wir haben gelernt, den Anderen über Partei- und andere Grenzen hinweg als Mitbürger zu achten.“ Pfarrer Möckel nannte die Runden Tische schlicht eine „Schule der Demokratie, denn die mussten wir damals erst einüben.“ (Text/Foto: Daria Doer)