Bilanz zum Ende der Amtszeit
(22.02.2016) Am 29. Februar endet die Amtszeit von Klaus-Dieter Hartung. Im Interview zieht der scheidende Bürgermeister Bilanz über die letzten acht Jahre.
Redaktion: Herr Hartung, am 29. Februar endet Ihre achtjährige Amtszeit. Welche sind die stärksten Eindrücke, die Sie mitnehmen?
Klaus-Dieter Hartung: Wenn mich auf der Straße ein Kind ansprach: "... Sie sind doch der Bürgermeister, oder...?", dann wusste ich jedes Mal, dass sich der Einsatz einer mindestens 60-Stunden-Woche lohnt, weil ich gemeinsam mit meinen Mitarbeitern, der SVV und den vielen Menschen, die ihre Ideen einbrachten, Zukunft für die Menschen gestalte, die uns ihr Vertrauen schenken. Deshalb hat mir die größte Freude die Begeisterung der Menschen in Hohen Neuendorf gemacht, mit der sie sich für die Stadt und ihre Themen eingesetzt haben. Das taten und tun sie in unendlicher Vielfalt, sei es in Kita- und Schulaufführungen, in Seniorenbegegnungen, Sport- und Vereinsereignissen oder im Leitbild und dem Bürgerhaushalt. Die Liste ist so lang... Aber auch Enttäuschung gehört zu meinen Eindrücken, dass sich bestimmte Einwohner nur dann einbringen, wenn es "dagegen" geht oder es ihnen persönlich nützt. Die Debatte um die Unterbringung von Flüchtlingen in Borgsdorf oder Bergfelde und den Bau von Sozialwohnungen hat mich mit der fremdenfeindlichen Tendenz und ihrem Dünkel wirklich entsetzt. Ein Bürgermeister hat weder die Macht, noch den gesellschaftlichen Auftrag, diese Ansiedlungen abzuwenden. Das Gegenteil ist der Fall. Mein Ziel lautete: Wir wollen es gemeinsam und für alle gewinnbringend gestalten. Es hat viele Anwohner nicht erreicht.
Sind Sie enttäuscht, dass Sie nicht wiedergewählt wurden?
Natürlich hätte ich gerne weiter gemacht. Aber jegliches hat seine Zeit und für meine Stadt werde ich mich auch weiterhin einmischen. Die meisten meiner Wahlversprechen von 2007 sind heute Selbstverständlichkeit: Nahversorgung in Bergfelde, sichere Schulwege oder abgesenkte Bordsteine für Kinder,
Senioren und Radfahrer - unspektakulär, aber wichtig. Ich habe noch viele Ideen: Grundlegend ist kleinteiliger, bezahlbarer Wohnraum für Junge und Ältere; eine lebendige Stadt mit Aufenthaltsqualität auf Plätzen, in den Straßen und am Abend in Kulturveranstaltungen... Jedoch ist es wichtiger, dass es geschieht, als wer es macht! Die Weichen sind für vieles gestellt, das erst in den nächsten Jahren sichtbar wird, wie der Kulturbahnhof, das Bürgerzentrum am Rathaus und ein Wochenmarkt. Die Schattenseite des Amtes war wenig Zeit für Familie, Hobbys, Reisen. Diese freudvolle Seite des Lebens erobere ich mir gerade begeistert zurück, bald arbeite ich wieder in meinem Beruf als Bauingenieur.
Welche betrachten Sie als die großen Erfolge Ihrer Amtszeit?
Man misst Erfolg ja meist in Kilo Stein oder Meter Straße. Das Spektakulärste ist wohl die energetisch modernste Schule Deutschlands. Wir haben uns als Modellkommune im Klimaschutz einen Namen gemacht. Rund 20 Millionen Euro wurden in Sportanlagen investiert. Nahezu alle Schulen, Kitas und Horte haben modernsten Standard, auch wenn ich die beiden über 300 Jahre alten Eichen in der Nähe des Bergfelder Hortes gerne gerettet hätte. Rund 65 Kilometer Straßen und Gehwege wurden hergestellt und trotzdem hat die Stadt mehr Rücklagen denn je. Das Allerwichtigste ist mir jedoch, dass wir Bürgerbeteiligung auf eine neue Stufe gehoben haben, somit wichtige Schritte Richtung Bürgerkommune gegangen sind. Ich war überall dort erfolgreich, wo das Gemeinwohl vor den Einzelinteressen Vorrang bekam, obwohl ich damit oft angeeckt bin: WIR haben diese Stadt in den letzten Jahren gestaltet. Das werte ich als Erfolg. (Foto: Tham)