Stadtgespräch zur Zentrumsentwicklung

Stadtgespräch "Zentrum im Wandel"

(23. September 2022)

Mit dem bald erfolgenden Bauantrag für den Wildbergplatz und dem Verkauf des Himmelspagoden-Areals an einen neuen Privatinvestor, der dort in voraussichtlich drei Jahren mit dem Bau von Wohnungen beginnen kann, stehen dem Zentrum Hohen Neuendorfs bald größere bauliche und strukturelle Änderungen bevor. Unter dem Titel „Zentrum im Wandel“ luden Bürgermeister Steffen Apelt und Bauamtsleiter Michael Oleck daher zu einem Stadtgespräch über die Zentrumsentwicklung. Etwas mehr als 100 Einwohnende diskutierten am 9. September im Ratssaal mit und äußerten dabei ihre Wünsche für das Zentrum.

Hohen Neuendorf erlebt hohen Zuzugsdruck

Weshalb der Wohnungsbau für die Stadt notwendig ist, erläuterte Apelt zum Einstieg. Der Zuzugsdruck habe insbesondere in der Nachwendezeit Fahrt aufgenommen. In der Folge wurden Grundstücke wertvoller und es gab eine regelrechte Umnutzungswelle. Etwa in der Niederheide, die einst ein Datschen-Viertel war. In einem zweiten Schnitt wurden größere Grundstücke geteilt und konnten damit weiter bebaut werden. „Diese Prozesse führten über viele Jahre zu einem relativ geräuschlosen Einwohnerzuwachs, seit einigen Jahren sind diese Flächen jedoch weitgehend bebaut, während der Zuzugsdruck anhält und die Preise für Grundstücke und Wohnungen weiter steigen“, so der Bürgermeister. 2016 habe sich die Stadt daher auf den Weg gemacht, ein sogenanntes Integriertes Stadtentwicklungskonzept (INSEK) für vier innerstädtische Flächen aufzustellen, mit dem Ziel, dass dort eine kontrollierte Bebauung stattfinden kann, die den Charakter der Stadt mit vielen Grünflächen wahrt und sozialen Wohnungsbau berücksichtigt. Diese Flächen sind: der Bereich des S-Bahnhofs Bergfelde, der Wildbergplatz, die Friedrich-Naumann-Straße sowie die Oranienburger Straße.

Warum hat die Stadt die Himmelspagode nicht gekauft?

In diesem Zusammenhang wies Bauamtsleiter Michael Oleck auf die Problematik hin, dass nicht alle Grundstücke innerhalb dieser vier Flächen im städtischen Besitz sind, was die Beplanung erschwere und schwierige Eigentümergespräche notwendig mache. Dazu gehöre auch die Himmelspagode, deren Eigentümer, für die Verwaltung überraschend, die Gunst der Stunde genutzt habe, um Gebäude und Fläche an einen privaten Investor zu verkaufen, der dort Wohnungen errichten möchte. „Dank eines Aufstellungsbeschlusses haben wir jedoch einen gewissen Einfluss auf die Bebauung, etwa, dass dort zu einem Drittel soziale Wohnungen entstehen sollen“, so Oleck.

Auf eine Publikumsfrage, warum die Stadt kein Vorkaufsrecht für das Areal gezogen hat, erörterte der Bürgermeister, dass die Stadt sich damit finanziell übernommen hätte: „Gehen Sie von einem zweistelligen Millionenbetrag für die Fläche aus und dann zusätzlich von einem hohen einstelligen Millionenbetrag für die Nutzung.“ Viele andere notwendige Investitionen oder Leistungen der Stadt hätten dadurch gestrichen werden müssen. Michael Oleck ergänzte, dass die Ausübung eines Vorkaufsrechts immer an einen öffentlichen Zweck gebunden sein müsse, was im vorliegenden Fall kaum zu begründen wäre. 

Die Meinungen der Bürgerschaft zum geplanten Abriss der Pagode waren durchaus vielfältig: Einige wünschen sich den Erhalt des Restaurants, andere begrüßen die Bekämpfung der Wohnungsnot. Für viele hat das Bauwerk, das auch Teil des Stadtlogos ist, einen emotionalen und identitätsstiftenden Wert, der schwer zu ersetzen sein werde. Manchen ist sie gänzlich egal. Vom Publikum wurde daher auch der Wunsch geäußert, mit dem neuen Investor gemeinsam über die Art der Bebauung in einer öffentlichen Veranstaltung zu sprechen. Vielleicht könne dieser dazu bewogen werden, ein kleines Pagoden-Denkmal und einen Versammlungsraum zu errichten.

Nicht mit Berlin konkurrieren

Eine Vertreterin des Jugendbeirats wollte wissen, ob es auch auf dem Wildbergplatz sozialen Wohnungsraum geben würde. Dies musste Bauamtsleiter Oleck verneinen, da der Platz von Straßen umringt sei und deshalb Tiefgaragen gebaut werden müssen. Diese aber verteuern das Projekt für die private Bauherrin so weit, dass es nicht möglich sein wird, gedämpfte Mieten anzubieten. 

Sozialer Wohnungsbau soll aber auf anderen Flächen realisiert werden, ergänzte Apelt. „Wir haben die jungen Menschen, Familien und Senioren, die händeringend eine Wohnung suchen und sich kein Eigenheim leisten können, auf dem Schirm. Wir möchten, dass sie in der Stadt bleiben können und wir haben auch ein eigenes Interesse daran, da wir auf die Einnahmen aus Einkommenssteuer und Schlüsselzuweisungen angewiesen sind.“

Die Stadt habe zu diesem Zweck eine Wohnungsbaugesellschaft gegründet, die aktuell den Bauantrag für etwa 28 Wohnungen in der Feldstraße vorbereitet, wovon ein Teil als Sozialwohnung vorgehalten werden soll. Weitere Projekte sollen folgen. Die aktuellen Krisen sowie die Zinsentwicklung haben jedoch erhebliche finanzielle Auswirkungen auf alle Bauprojekte, beschrieb Apelt die schwieriger werdende Marktlage.

Darüber hinaus befürworte der Bürgermeister auch die Einführung eines Einheimischen-Modells für Hohen Neuendorf, wodurch es der hiesigen Bevölkerung leichter gemacht werden würde, eine Wohnung zu finden. 

Danach gefragt, was die Stadt Kindern und Jugendlichen in der Freizeit biete, benannte Apelt, was auf der Haben-Seite steht. „Mit 40 Sportvereinen, zahlreichen Kulturvereinen, drei Jugendclubs und zahlreichen Spielplätzen gibt es gute Angebote in der Stadt. Wir können und wollen aber nicht mit Berlin konkurrieren, das für alle Jugendlichen ein Sehnsuchtsort ist. Bei diesem Versuch würden wir uns verheben.“

Wie weit kann das Wachstum gehen?

Einige Einwohner äußerten die Sorge, dass Hohen Neuendorf durch das gefühlt ungebremste Wachstum den Charakter als grüne Gartenstadt verlieren würde. Und würde die wachsende Bevölkerung nicht di8e  verkehrliche und soziale Infrastruktur überfordern?

Dazu merkte Oleck an, dass es sich bei den Plänen der Stadt um ein auf 20 Jahre ausgelegtes Projekt handele. Das heißt, die 900 neu entstehenden Wohnungen entstehen nicht über Nacht sondern über einen langen Zeitraum. Ebenso kann man die Infrastruktur sukzessive mitentwickeln. Eine Überforderung von Kitas und Schulen sei überhaupt nicht zu erwarten. Das zeige der Blick auf die Altersstruktur der Einwohnerschaft. Etwa 30 weitere Kita-Plätze werden schon 2023 realisiert. Außerdem stehe die Erweiterung der Ahorn-Grundschule an.

Für Hohen Neuendorfs Bürgermeister sei klar, dass das Wachstum eine natürliche Grenze haben werde, denn die freien Flächen seien überschaubar. Die Stadt werde dann 30.000, maximal 32.000 Einwohnende haben. Die kleinen Wohngebiete sollen ihren grünen Charakter behalten. Er verwies darauf, dass mehr als 70 Prozent des Stadtgebiets unbebaute Flächen verschiedener Art seien, also Wälder, Wiesen und landwirtschaftliche Flächen. Die Bebauung im Zentrum werde daran wenig ändern. 

Zur Verkehrssituation versicherte Apelt, dass es viele zeitgleiche Bemühungen um Linderung gebe. So werde beispielsweise der Fahrradverkehr stetig verbessert und es entstehen neue Parkflächen am S-Bahnhof Bergfelde. Ein interkommunales Verkehrskonzept mit dutzenden Verbesserungsvorschlägen wurde erstellt und bald soll ein Mobilitätsmanager in den S-Bahn-Gemeinden aktiv werden, der sich einzig dem Thema Mobilität widmen wird.

„Die Verkehrswende funktioniert jedoch nur, wenn die Menschen sich darauf einlassen und insbesondere für kurze Wege im Stadtgebiet das Auto auch mal stehen lassen. Auch der ÖPNV muss dringend attraktiver gemacht werden“, so Apelt.