Schule damals, heute, morgen

(26.01.2017)  Alle Stühle waren in der Aula der Dr. Hugo Rosenthal Oberschule während des Festaktes zur Einweihung des neuen schuleigenen Museums besetzt, so mancher stand: Die Hohen Neuendorfer Schulgeschichte bewegt ehemalige und heutige Schüler der Hohen Neuendorfer Oberschule. Viele waren gekommen, um die Einweihung des Museums mitzuerleben, das Ruth Kühn federführend mit der Hilfe vieler Helfer und Sammler über Jahre hinweg aufgebaut hat. "Ich freue mich, dass es gelungen ist, dieses kleine Schulmuseum an dem zentralen Ort der städtischen Schulgeschichte dank der Mitwirkung der Stadt, der Schule und vieler Helfer, heute festlich einzuweihen", sagte die ehemalige Lehrerin der Roten Schule Ruth Kühn im Rahmen der Eröffnung und blickt damit auch gleichsam auf ihr Lebenswerk. Unzählige Handschriften, Fotos, Hefte und Zeichnungen sind in der ehemaligen Hausmeisterwerkstatt der Schule im Keller ebenso gesammelt wie alte Schulbänke, Schiefertafeln und Tornister. Ergänzt ist die Ausstellung um Hugo, das Skelett und viele durch die aktuelle Schülerschaft gesammelte Exponate, darunter eine rosa Schultüte und ein Diddel-Heft. Ziel der Sammlung ist, heutigen Schülern aller Schulen der Stadt den damaligen Schulalltag erlebbar zu machen, um das Wissen für die nächsten Generationen zu erhalten - zunächst unter Anleitung von Ruth Kühn, und später gerne von Schülerinnen und Schülern, die Spaß daran finden. Zu bestimmten Gelegenheiten, beispielsweise einem Tag der offenen Tür, wird die Ausstellung auch der Öffentlichkeit zugänglich sein. Die Schulband aus heutigen und ehemaligen Schülern sowie Gästen umrahmte den Festakt mit einem musikalischen Programm.

Rektorin Katharina Schlumm und Ruth Kühn ließen in ihren Ansprachen Episoden der Schulgeschichte Revue passieren. War die Schule 1902 zunächst auch mangels finanzieller Mittel im Stadtsäckel zunächst nur als schmales Gebäude für drei Klassen und mit Gebetsraum im Keller errichtet worden, so brachte die Erweiterung 1911 für den gewachsenen Ort eine Turnhalle und gleich zwei getrennte Eingänge für Mädchen und Jungen, die auch in getrennten Klassen lernten. Der jüdische Arzt Dr. Hugo Rosenthal stellte nach dem ersten Weltkrieg bei Schuluntersuchungen fest, dass viele Kinder unterernährt waren und führte daher eine Schulspeisung und die Versorgung mit Milch an der Schule ein. Die Schule sorgte insofern von je her für eine Förderung sozial benachteiligter Kinder. Eine Tradition, die sich bis heute über die Schwerpunkte Praxislernen und Gesunde Schule abbilden und u.a. dafür sorgen, dass der Ruf der familiären Schule als tolle Bildungsstätte inzwischen weit über Hohen Neuendorfs Grenzen hinausreicht und Familien aus dem Umland und Berlin anspricht. Seinerzeit diente die Schülküche auch der Vorbereitung der Mädchen auf ihre spätere Rolle als Hausfrau und Mutter - denn selbst Lehrerinnen mussten aus dem Schuldienst ausscheiden, sobald sie schwanger wurden und Kinder bekamen, denn um 1900 war eine schwangere Frau schlicht unschicklich.

1923/24 sollte die Schule Rathaus werden, aber der Umbau scheiterte am Geld. So blieb sie Bildungseinrichtung, die aber auch immer mit Raumnot zu kämpfen hatte. Die Turnhalle war stets auch Zentrum des kulturellen Lebens im Ort: Kulturelle und sportliche Höhepunkte der Schule fanden genauso statt wie Sängerwettstreits oder Filmvorführungen. Aber auch als Volksbücherei und Wetterwarte ging sie in die Geschichte ein. Die damalige Zeitung, die Nordbahnnachrichten, griff für ihre Wettermeldungen auf die Daten der Schule zurück. Ruth Kühn ist besonders stolz auf die Tradition der Schule, dass ältere Schüler den jüngeren Schülern helfen. Am eindrücklichsten mag das nach dem 2. Weltkrieg der Fall gewesen sein, als es keine Hefte oder Tafeln gab, um Schreiben zu lernen. Ältere Schüler trennten Zeitungsränder ab und klebten sie auf alte Zeitungen so auf, dass daraus Schreibhefte für die Jüngeren entstanden (vgl. Foto unten).

Ruth Kühns Dank für das Gelingen der Ausstellung richtete sich an viele Helfer und Spender von Exponaten, Heften, Aufsätzen, exemplarisch an Caroline Schön, die die in Sütterlin geschriebenen Aufsätze ihrer Mutter und die Schulchronik transkibiert hatte. Aber auch Firmen und Sponsoren galt ihr Dank, u.a. Bildart Döring, Lichtblick Bühnentechnik und Lubasch Werbung und Messebau, die den dreieinhalb Meter langen Zeitstrahl für die Ausstellung hergestellt hatten.

Der ehemalige Bürgermeister Günther Siebert (Foto unten) war ebenfalls zur Eröffnung gekommen. Er war selbst 1933 in die Rote Schule eingeschult worden. Später wurde er hier Lehrer. Er stellte dem neuen Museum nicht nur viele Unterlagen und Erinnerungen zur Verfügung, sondern der aktuellen Schulleitung auch ein tolles Zeugnis aus - man sehe vor allem an engagierten Projekten und der geringen Fluktuation im Kollegium, dass das Klima und der Inhalt stimmen.