Kulturbahnhof: Deshalb wird der Bau teurer

Visualisierung des Kulturbahnhofs. Bild: archiforms.

(9. April 2025)

Der S-Bahnhof in Hohen Neuendorf kann gut und gerne als „Eingangstor zur Stadt“ bezeichnet werden. Viele hundert Menschen erreichen hierüber täglich die Stadt oder verlassen diese, darunter viele Pendlerinnen und Pendler. Der Bahnhof ist zentral gelegen, deshalb hat die Stadt sich vor vielen Jahren aufgemacht, das von der Bahn leergezogene und der Verwahrlosung preisgegebene Gebäude zu kaufen und zum „Kulturbahnhof“ umzuwandeln. Die Ideen für die Nutzung dieses zentralen Gebäudes sind vielfältig, so sollen zum Beispiel die Menschen sich künftig vor dem Einstieg in die S-Bahn einen Kaffee und eine Tageszeitung mitnehmen können. Darüber hinaus soll das Bahnhofsgebäude zu einem neuen sozialen und kulturellen Treffpunkt werden.

Als „Ankernutzer“ ist die Stadtbibliothek vorgesehen. Diese wird von der anderen Straßenseite dann in den Kulturbahnhof ziehen und dadurch spart die Stadt Mietkosten von Höhe von rund 500.000 Euro zwischen den Jahren 2026-2035. Mit einem neuen Raumkonzept können noch mehr Menschen für Medien und Kultur begeistert werden. Die Fläche des Erdgeschosses und des ersten Untergeschosses, welches bahnseitig mit Tageslicht beleuchtet ist, machen es möglich, dass ausreichend Platz für eine moderne Bibliothek vorhanden sein wird. Weiterhin wird es einen Mehrzweckraum für Veranstaltungen sowie weitere Räume, die durch Vereine und andere Gruppen in der Stadt angemietet und individuell genutzt werden können, geben.

Tatsächliche Kosten übertreffen Kostenschätzungen deutlich

Klar ist nun, dass die tatsächlichen Kosten für das Projekt die im Vorfeld durch Fachplaner prognostizierten Kosten deutlich über den ursprünglichen Schätzungen liegen. Nach aktuellem Stand werden sich die Herstellungskosten auf etwa 9,3 Millionen Euro belaufen. Die ursprüngliche Kostenschätzung aus dem Jahr 2014 ging noch bei einer geringeren Fläche und einem deutlich geringeren technischen Standard von etwa 3,7 Millionen Euro aus. Im Finanzausschuss am 8. April informierte die Verwaltung nun über die Ursachen und Hintergründe dieser Kostensteigerung. Offene Fragen der Mitglieder des Finanzausschusses konnten in dieser Sitzung, sowie durch die im Vorfeld stattfindende Möglichkeit der Akteneinsicht, geklärt werden.

Mehrfache Planerwechsel: Im Vorfeld des Baubeginns gab es leider mehrfach Schwierigkeiten mit beauftragten Planungsbüros, so dass erst das dritte beauftragte Büro die Planungen tatsächlich abschließen konnte. Dies hat das Bauprojekt massiv verzögert, da jeder neue Planer Zeit benötigt, um sich in das bestehende Projekt einzuarbeiten und bisherige Planungsstände nachzuvollziehen.

Allgemeine Baukostensteigerungen: Die Baupreise sind in den letzten Jahren sprunghaft um etwa 35 Prozent angestiegen. Eine solche Steigerung, bedingt vor allem durch die Pandemie, hat niemand voraussehen können. Die Verwaltung hätte sich selbstverständlich einen früheren Baubeginn gewünscht, der jedoch aufgrund der beschriebenen Planerwechsel und Genehmigungsproblemen nicht realisierbar war.

Deutlich schlechtere Bausubstanz als erwartet: Während der Bauarbeiten stellte sich heraus, dass die vorhandene Bausubstanz – Stahlträger, Holzbalken und Fundamente – in einem deutlich schlechteren Zustand war als angenommen. Die verbauten Stahlträger sind offenkundig aus älteren Gebäuden damals wiederverwendet worden, sodass fast jeder Stahlträger eine andere Dimensionierung aufweist. Dies machte aufwendige Verstärkungs-, Ersatz- und Sicherungsmaßnahmen erforderlich.

Aufwendigere Baugrubenherstellung: Aufgrund der Lage an den Bahngleisen und der Bodenverhältnisse war ein aufwendiges Düsenstrahlverfahren mit Horizontalaussteifungen notwendig. Zusätzlich wurde spezialisierte Gerätetechnik sowie die Begleitung durch Fachplaner und Gutachter erforderlich. Der Mehraufwand beträgt allein hier etwa 1 Million Euro.

Größere Baufläche: Die Bruttogrundfläche hat sich von ursprünglich 1.270 m² auf 1.775 m² erhöht, insbesondere durch die technischen Anpassungen im Bereich des Anbaus. Die deutlich größere zu bearbeitende Baufläche wurde jedoch nicht in der ursprünglichen Kostenkalkulation abgebildet. Der Baupreis pro Quadratmeter, abzüglich der Fördermittel von 1,6 Millionen Euro, beträgt nun jedoch 4.338 €/m² statt 5.239 €/m².

Nachträgliche Fundamentunterfangungen: Auf Basis neuer statischer Berechnungen mussten im Gebäudeinneren umfangreiche Unterfangungen bestehender Fundamente vorgenommen werden.

Erhöhte technische Anforderungen: Neue bzw. verschärfte gesetzliche Vorgaben führten zu weitergehenden Anforderungen an Energieeffizienz (EnEV), Schallschutz, Akustik und Brandschutz. Ergänzend wurden Maßnahmen zum sommerlichen Wärmeschutz umgesetzt. Somit ist durch die Änderung der Energieeinsparverordnung auch bei diesem Gebäude ein Anteil von 65 Prozent der verbrauchten Energie als regenerative Energie bereit zu stellen (PV und Geothermie).

Nutzeranforderungen: Im Laufe der Planung und Umsetzung wurden zusätzliche Anforderungen seitens der zukünftigen Nutzer eingebracht. Hierzu zählen unter anderem ein erhöhter Einbruchschutz im Erdgeschoss, der Wegfall einer tragenden Stütze im Veranstaltungsraum sowie eine 24/7-Rückgabebox für geliehene Medien der Bibliothek.

Verstärktes Projektmanagement in der Zukunft

Um in der Zukunft bei größeren Bauprojekten eine transparentere und aktuellere Kosten- und Planungsübersicht sicher zu stellen, wurden von der Verwaltung mehrere Instrumente eines Bau- und Finanzcontrollings vorgestellt und erläutert. Durch die Mitglieder des Fachausschusses wurden die vorgestellten Maßnahmen als Mittel einer optimierten Kostenkontrolle begrüßt. So soll zum Beispiel zukünftig ein übersichtliches Ampelsystem schnell einen Überblick über den Sachstand ermöglichen.