Heiße Luft für gutes Klima
(18.10.2018) Das Thermometer zeigt 40 Grad Celsius. Oliver Schub ist zufrieden. Er steht in seinem Wohnzimmer, das Thermometer in den Luftstrom haltend, der durch den Ventilator des neu eingebauten Solarluftkollektors nach innen strömt. Es ist später Nachmittag Mitte Oktober, die Sonne geht allmählich unter. Mittags, bei vollem Tageslicht, werden die auf dem Dach und an der Südfassade installierten Sonnenkollektoren den Luftstrom sogar auf 50 Grad Celsius erwärmen, obwohl draußen nur 7,5 Grad Celsius Lufttemperatur zu messen ist.
Die Anlage verteilt mittels leiser Rohrventilatoren die erwärmte frische Luft in Haus, bis die gewünschte Raumtemperatur erreicht ist. Die überschüssige Wärme wird im Umluftbetrieb und über eine sogenannte „Solarbox“, einen Luft-Wasser-Wärmetauscher, dazu verwendet, Wasser in einem 450-Liter-Pufferspeicher zu erwärmen. Dieses Wasser bedient das Heizungssystem, wie auch das mittels Plattenwärmetauscher erwärmte Brauchwasser beispielsweise zum Duschen sowie für die Wasch- und Spülmaschine. Somit wird die Sonnenenergie optimal ausgenutzt und zusätzlich Strom gespart.
Warmwasser ohne Strom und fossile Brennstoffe
Vom Frühjahr bis in den Herbst wird Familie Schub keine oder kaum noch fossile Brennstoffe für die Heizung verbrauchen. Mit den 14 Quadratmetern Kollektorfläche und einer neuen Gasbrennwerttherme für die wenigen ganz trüben Tage im Winter ohne Sonne, hofft Oliver Schub den Primärenergiebedarf seines 130 Quadratmeter großen Einfamilienhauses aus dem Jahr 1993 in Hohen Neuendorf um mindestens die Hälfte zu senken.
Anlage selbst konzipiert
„85 Prozent des Energiebedarfs fallen in Privathaushalten für Wärmeerzeugung an“, weiß der promovierte Chemiker, „nur 15 Prozent für Strom.“ Deshalb hat den 50-Jährigen die Idee von Photovoltaik für die private Stromerzeugung nicht überzeugt.
Gemeinsam mit der Süddeutschen Firma Grammer-Solar konzipierte er seine Anlage, die in dieser Form einzigartig in Deutschland ist und in nur fünf Tagen nachgerüstet wurde. Indem frische Luft angesaugt und erwärmt wird, steigt die Wohnqualität in Räumen, da die trockene Heizungsluft einerseits entfällt, andererseits durch stetigen Luftaustausch bei natürlicher Luftfeuchtigkeit in Schlafräumen und im Badezimmer eventuelle Schimmelbildung erheblich vermindert wird. Zudem ist die Anlage langlebig und wartungsarm, lediglich zweimal im Jahr muss ein Filter, ähnlich dem bei einer Dunstabzugshaube in der Küche, gewechselt werden, was man selbst erledigen kann.
Mit rund 1.000 Euro Investitionskosten pro typischem 2-Quadratmeter-Modul Kollektorfläche muss man rechnen, so der Eigentümer, plus Montagekosten. Aber die Nachrüstung für bestehende (Alt-)Bauten oder Mehrfamilienhäuser ist meist denkbar einfach und eignet sich für nahezu jedes Gebäude mit un- oder wenig verschattetem Dach oder Fassade.
Klimaschutz spart Geld und erhält die Welt für die nachfolgenden Generationen
„Die Politik soll dafür sorgen, dass CO2 gespart wird“, zitiert der Familienvater ein häufiges Verbraucherargument. „Dabei produziert nicht ‚die Politik‘, sondern jeder von uns Kohlendioxid. Deshalb ist es die Verantwortung eines jeden mündigen Bürgers, energiebewusst zu handeln und zu leben.“ Oliver Schub schützt in seinem naturnahen Garten auch die heimische Artenvielfalt und versucht, so viele Wege wie möglich mit dem Fahrrad zu erledigen.
Es geht ihm somit nicht in erster Linie darum, mit der Anlage Energiekosten einzusparen, obwohl der Einbau vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) gefördert wird und die Anlage auch wirtschaftlich attraktiv sein soll. Es ist sein Beitrag zum Klimaschutz, er will seinen 12 und zehn Jahre alten Kindern eine weiterhin lebenswerte Welt hinterlassen. Oliver Schub möchte mit gutem Beispiel vorangehen und hofft auf Nachahmer. Gerne informiert oder unterstützt er Interessierte unter der E-Mailadresse oliver.schub@posteo.de.
Hintergrund
In Hohen Neuendorf werden 90 Prozent der CO2-Emissionen von privaten Verbrauchern je hälftig für Wohnen und Individualverkehr erzeugt. Das sind 13 Tonnen pro Person und Jahr. Und obwohl die Geräte energieeffizienter werden, steigt der Verbrauch pro Person. Eine Chance, die Klimaziele der Stadt dennoch zu erreichen, sieht die Klimaschutzbeauftragte Heiderose Ernst in der Sanierung des Wohnungsbestandes. Sie ist erreichbar unter (03303) 528 130 oder der Mailadresse ernst@hohen-neuendorf.de.