"Gelegenheiten muss man am Schopfe packen"

Astronaut Hans Schlegel spricht in der Niederheide über seine Reisen ins Weltall.

(1. April 2022)

Wie wird man eigentlich Astronaut? Wie fühlt es sich an, schwerelos zu sein? Und wie viele Sonnenaufgänge erlebt man an Bord der ISS? Antworten auf diese und viele weitere Fragen rund ums Reisen ins und Arbeiten im Weltall lieferte der ehemalige Astronaut Hans Schlegel in einem Dia-Vortrag am 30. März in der Grundschule Niederheide.

An zwei Weltraumflügen war der heute 70-Jährige Schlegel in seiner Zeit als aktiver Astronaut beteiligt: 1993 mit dem Space Shuttle Columbia sowie 2008 mit dem Space Shuttle Atlantis zur Internationalen Raumstation (ISS). Eine Stellenanzeige in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung am 15. August 1986, in der Wissenschaftsastronauten gesucht wurden, weckte in ihm den Traum von der Raumfahrt. Für den damaligen Verfahrenstechniker und Experimentalphysiker eine einmalige Chance. „Wenn sich so eine Gelegenheit bietet, dann gilt es, sie am Schopfe zu packen“, ermutigte er die Zuhörerschaft in der Niederheide, solche Chancen im Leben auch zu nutzen.

Umgeben von 2000 Tonnen Treibstoff und Geräten

Tatsächlich gelang es Schlegel, als einer von fünf unter einst 1.800 Bewerbern in das Programm aufgenommen zu werden. Es folgten Jahre des intensiven Astronautentrainings, bis Hans Schlegel schließlich gemeinsam mit Ulrich Walter und fünf amerikanischen Astronauten am 26. April 1993 von Cape Canaveral in Florida startete und nach etwas mehr als acht Minuten die Erdumlaufbahn erreichte. „2000 Tonnen Gewicht durch Treibstoff und Geräte um sich herum zu haben, löst jede Menge Ehrfurcht aus“, erinnerte sich Schlegel, der auch die Challenger-Katastrophe im Januar 1986 live verfolgt hatte. „Wir können im Leben nicht jeder Gefahr aus dem Weg gehen“, wird Schlegel später am Abend sagen. Zehn Tage verbrachte die Crew im All und führte in dieser Zeit im Rahmen der Spacelab-Mission 88 Experimente aus elf Wissenschaftsgebieten durch. „Ich habe es als Pflicht und Ehre empfunden, die Experimente zahlreicher Wissenschaftler durchführen zu dürfen“, so Schlegel.

Im Dienste der NASA

15 Jahre später, im Februar 2008, saß Schlegel erneut im Cockpit eines Space Shuttles. Diesmal an Bord der Atlantis und im Dienste der amerikanischen Weltraumbehörde NASA. Die Mission führte ihn, gemeinsam mit sechs weiteren Astronauten, zur Internationalen Raumstation (ISS), wo sie das Raumlabor Columbus ankoppelten. Hier hatte Schlegel auch Außeneinsätze im Weltraumanzug zu absolvieren. „Der Anzug ist selbst ein eigenes kleines Raumfahrzeug mit eigenem Antrieb, Energieversorgung und einem ganzen Arsenal an Instrumenten.“ Da die ISS-Station mit einer Geschwindigkeit von 7,5 Kilometern pro Sekunde alle 1,5 Stunden die Erde umrundet, gehörten die häufigen Tag-Nacht-Wechsel zu einer der einprägsamsten Erinnerungen dieser Reise. Schlegel illustrierte auch, wie wichtig es in der Schwerelosigkeit ist, nicht nur sich selbst, sondern auch alle Arbeitsgeräte zu fixieren: „Ein nur kurz außer Acht gelassener Bleistift kann nach wenigen Sekunden praktisch überall sein.“ 

Mutterschiff Erde

Schlegel nutzte den Vortragsabend auch dafür, über die Verletzlichkeit und Einzigartigkeit unseres Planeten zu sprechen, dies habe der Blick von außen noch eindringlicher gezeigt. „Es gibt für uns nur diesen einen Planeten, wenn wir bedenken, dass wir schon Schwierigkeiten haben, den Mars zu erreichen, der 20 Lichtminuten entfernt ist. Der nächste wahrscheinlich bewohnbare Planet aber ist 30 Millionen Lichtjahre entfernt. Deshalb sollten wir uns viel mehr anstrengen, unsere Erde und ihre Ressourcen dauerhaft zu erhalten.“