"Der Rathi ist für alle da"

Stadtgespräch zum Rathausplatz

(20. Oktober 2021)

Seit mehreren Monaten ist auf dem Rathausplatz ein neues Phänomen zu beobachten: Dutzende bis hunderte von Jugendlichen und jungen Erwachsenen treffen sich hier an den Wochenenden zum Feiern. Die sogenannten „Rathi-Partys“ sorgen zwar für ausgelassene Stimmung bei den Jugendlichen, frustrieren jedoch zunehmend Anwohnende.

Bürgermeister Stef­fen Apelt lud deswegen am 4. Oktober zum Stadtgespräch mit dem Titel „Der Rathi ist für alle da.“ Neben ihm im Podium saßen ebenfalls der erste Bei­geordnete Alexander Tönnies, der Lei­ter des Hennigsdorfer Polizeireviers, Stefan Boye, der Fachbereichsleiter für Soziales, Hendrik Wendland sowie die beiden Streetworker Andreas Witt und Steven Blank. Mit ihnen diskutierten etwa 70 Gäste, darunter zahlreiche Jugendli­che, die selbst gern an den Partys teil­nehmen.

Idealer Treffpunkt

Mehrere Jugendliche erzählten, warum sie sich gern am Wochenende auf dem „Rathi“ aufhalten und sich wünschen, dass der Platz für sie geöffnet bleibt: Hier könne man viele unterschiedliche und vor allem neue Leute kennenlernen. Der Platz sei außerdem sehr zentral gelegen und von allen Richtungen gut erreichbar, zudem gebe es Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe. Eine Schülerin stellte als weite­ren Pluspunkt die Beleuchtung heraus, die eine gewisse Sicherheit gebe.

Die Jugendlichen äußerten viel Verständ­nis für die Nöte der Anwohner. „Es sind meist die Leute aus Hennigsdorf und Ora­nienburg, die hier über die Stränge schla­gen“, bemerkte einer. Gern würde man sich auch in kleineren Grüppchen woan­ders treffen, aber es fehle schlicht an ge­eigneten Orten in der Stadt.

„Der Platz hat eine Magnetwirkung“, brachte es Revierleiter Stefan Boye auf den Punkt.

Schlaflose Nächte und Verunreinigungen

Wie störend und psychisch belastend die nächtlichen Zusammenkünfte sein kön­nen, schilderten Anwohnerinnen aus der Triftstraße. „Es ist so laut, dass ich schon Angst vor dem nächsten Wochenende habe. Ich möchte hier einfach in Ruhe wohnen“, berichtete eine Frau. Eine an­dere erzählte, dass sie sich bereits krank­schreiben lassen musste, da sie durch die Ruhestörungen nicht ihrer Arbeit nachge­hen konnte.

Der Betreiber des Hotels „Grüner Turm“, beschrieb, wie die jungen Leute sich zu­dem überall entleeren. Gäste würden des­wegen und aufgrund des Lärms kein zwei­tes Mal bei ihm einkehren. Besonderes Unverständnis habe er dafür, dass so viele Jugendliche von außerhalb der Stadt eben­falls zum Rathausplatz kommen.

Mehrfach wurden Forderungen nach mehr Polizeipräsenz und verstärkter Durchset­zung des Lärmschutzgesetzes laut.

Polizeieinsätze vor allem wegen Ruhestörung

Revierleiter Stefan Boye versicherte, dass die Polizei regelmäßig vor Ort sei. „Seit dem 6. August hatten wir 59 Einsätze auf dem Rathausplatz, 33 davon waren Ruhe­störungen.“ Mitnichten sei der „Rathi“ ein Kriminalitäts-Hotspot, denn Delikte wie Körperverletzungen und Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz wurden bei den Einsätzen nur selten erfasst.

Alexander Tönnies ergänzte, dass es Ord­nungsamt und Polizei nicht um Repressio­nen gehe. „Wir wollen ein Miteinander auf dem Rathausplatz erreichen. Repressive Mittel und Methoden verlagern die Proble­matik nur. Die Jugendlichen würden zum nächstbesten Ort weiterziehen.“ Dennoch werden Musikanlagen, die nach 22 Uhr bis in die Nachbarschaft dröhnen, regelmäßig sichergestellt. Die Jugendlichen müssen die Geräte dann mit ihren Eltern und gegen Zahlung von 150 Euro Ordnungsgeld wieder abholen. „Das schmerzt genug, um Wieder­holungen zu vermeiden“, so Tönnies.

Auch der Verwaltungschef betonte, dass konstruktive Lösungen gesucht werden, keine Verbote. „Der Rathi ist für alle da“, unterstrich Apelt. „Das heißt aber auch, dass Eltern unbeschwert mit ihren Kin­dern am Brunnen spielen können sollen, ohne Verletzungen durch herumliegende Glasscherben fürchten zu müssen.“

Mehrere Lösungen auf den Weg gebracht

In diesem Sinne sind erste Lösungen bereits auf den Weg gebracht oder in Planung. So werden einige der Gitterboxen, die aktuell zur Laubsammlung genutzt werden, kurzer­hand auf den Rathausplatz zur Müllentsor­gung gestellt. Vor allem größere Gegenstän­de, die nicht in die kleinen Eimer passen, Pizzakartons etwa, sollen darin Platz finden. Die bereits vorhandenen Mülleimer erhalten einen sogenannten Pfandring zum Abstellen von Flaschen. Das soll verhindern, dass die­se achtlos auf den Platz geworfen werden.  Weiterhin plant der Fachbereich Soziales, mehrere Pavillons und WLAN-Bänke im Stadtgebiet zu errichten, die die Jugendli­chen als Treffpunkte nutzen können. Ge­eignete Standorte werden dafür noch ge­sucht, die Sozialarbeiter freuen sich über Vorschläge.

Mit der kalten Jahreszeit wird voraussicht­lich wieder Ruhe einkehren auf dem Rat­hausplatz. Mit den Vorschlägen und Anre­gungen aus dem Stadtgespräch wird sich die Verwaltung jedoch bereits jetzt auf die Freiluftsaison 2022 vorbereiten.