Verzicht auf Feuerwerk schützt Mensch und Umwelt

Vermeidbare Verletzungsgefahr zu Silvester soll Krankenhauskapazitäten freihalten

(23. Dezember 2020)  Soll das private Silvesterfeuerwerk in diesem Jahr ausfallen? Um diese Frage hat die Ministerpräsidentenkonferenz vor dem Hintergrund gerungen, dass hunderte Menschen in der Silvesternacht mit Verbrennungen, abgetrennten Gliedmaßen und anderen Verletzungen in den Krankenhäusern behandelt werden müssen. In diesem Jahr wolle man die Kapazitäten der Intensivstationen jedoch für Covid-Patienten freihalten, so die Überlegung. Bisher gibt es kein Verbot in Deutschland, man setzt auf freiwilligen Verzicht. Einige Baumärkte und Vollsortimenter erklärten, Feuerwerk dieses Jahr nicht anzubieten. Die großen Discounter warten allerdings auf ein Verbot oder eine brancheneinheitliche Lösung. In den Niederlanden ist ein Verbot in Kraft getreten, dort verletzten sich jährlich 1.300 Menschen so schwer, dass sie im  Krankenhaus behandelt werden müssen.

Feuerwerk in Hohen Neuendorf

Neben den unmittelbaren Verletzungsaspekten ist die Silvestertradition des mitternächtlichen Feuerwerks schon seit einigen Jahren aus gesundheitlichen und ökologischen Gründen stark umstritten. Kurz vor dem Jahreswechsel 2019/20 hat auch die Hohen Neuendorfer Stadtverordnetenversammlung mit knapper Mehrheit entschieden, dass die Stadt auf Feuerwerke wie zum Beispiel zum Herbstfest verzichten muss. Auch privat sollen möglichst keine Feuerwerke mehr genehmigt werden. Allerdings sind die Beschränkungen, die die Stadt zum Verbot der privaten Knallerei zu Silvester erlassen kann, nach Bundesrecht stark begrenzt. So ist ein flächendeckendes Verbot nicht möglich, es können lediglich Schutzzonen rund um beispielsweise Bahnhöfe, Seniorenheime oder stark belebte Straßen und Plätze ausgewiesen werden. "Somit ist das in Hohen Neuendorf kaum anwendbar. Gerade in einem Jahr, das von viel Verzicht geprägt war, bin ich ebenfalls hin- und hergerissen, zwischen den berechtigten Schutzargumenten aber andererseits auch der Freude, die ich den Menschen von Herzen gönne", wägt Bürgermeister Steffen Apelt zwischen Schutzgütern, aber auch Tradition und Freude ab. Unter dem Strich empfiehlt der Bürgermeister aus Gründen der Vernunft, möglichst auf die Knallerei zu verzichten und vielleicht lieber zugunsten eines ökologischen oder sozialen Zweckes zu spenden.

Jährlich werden rund 4.200 Tonnen Feinstaub durch das Abbrennen von Feuerwerkskörpern frei gesetzt, der größte Teil davon in der Silvesternacht. Diese Menge entspricht in etwa 25 Prozent der jährlich durch Holzfeuerungen und ca. zwei Prozent der gesamt freigesetzten Feinstaubmenge in Deutschland. Darüber informiert das Umweltbundesamt auf seiner Homepage. 

Verletzungen und viel Plastikmüll durch Feuerwerk

Doch auch die konkreten Auswirkungen auf Mensch und Natur sind erheblich: Verbrennungen, Augenverletzungen und Hörschädigungen, Explosionsschäden und andere Sachschäden an Fahrzeugen und Gebäuden, der Eintrag von Plastik in die Umwelt, enorme Müllmengen, verängstigte Haustiere sowie ökologische Schäden und die Störung von Wildtieren sind die am häufigsten genannten Schäden. In Deutschland erleiden jährlich 8.000 Menschen zu Silvester Verletzungen des Innenohrs durch Feuerwerkskörper. Rund ein Drittel dieser Menschen behält bleibende Schäden, so eine Meldung im Deutschen Ärzteblatt im Jahre 2013.

Erhöhung der Feinstaubbelastung um das 100-fache

Der Deutschlandfunk berichtet, dass die Deutschen jährlich rund 10.000 Tonnen Kanonenschläge oder Raketen zünden. In der ersten Stunde des neuen Jahres steige die Feinstaubbelastung in Städten dadurch auf bis zu 4000 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Der Durchschnitt liegt bei 30 bis 40 Mikrogramm, so das Umweltbundesamt. Die Landwirtschaftliche Versicherungsanstalt in Münster hat zudem errechnen lassen, dass zwischen Silvester und Neujahr Treibhausgase frei gesetzt werden, deren Wirkung vergleichbar ist mit 2300 Tonnen Kohlendioxid. Das ist ungefähr die Menge, die bei 550 Flügen von München nach New York in die Lufthülle gelangt. Weiterhin werden Schwermetalle freigesetzt, die Luft, Boden und Wasser erheblich belasten.